Warum der instinktive Ruf nach ‘Mentaler Stärke’ oft nicht der richtige ist
Ein kürzlich veröffentlichter Beitrag in einer Reiter- Zeitschrift hat eine wichtige Debatte über Leistungsdruck bei jungen ReiterInnen angestoßen. Die Beobachtung: Reiter wollen es oft „zu gut“ machen und machen gerade deshalb mehr Fehler.
Die gängige Reaktion auf so eine Beobachtung ist der Ruf nach mehr „mentaler Stärke“.
Doch was, wenn genau dieser Gedanke Teil des Problems ist? Was, wenn der Glaube, wir müssten nur noch mehr wollen und uns noch mehr anstrengen, genau der Grund ist, warum die Leichtigkeit verloren geht?
In meiner Arbeit als Mentalcoach stoße ich immer wieder auf diesen zentralen Irrtum: Die ReiterInnen, die im entscheidenden Moment blockieren, sind nicht mental schwach.
Im Gegenteil. Es sind oft die ehrgeizigsten, die willensstärksten Athleten.
Das Problem ist nicht zu wenig Wollen, sondern zu viel davon.
Wenn der Kopf die Zügel übernimmt: Die Psychologie des Drucks
Druck entsteht im Kopf. Genauer gesagt dann, wenn unser Fokus von der eigentlichen Aufgabe – dem Reiten im Hier und Jetzt – wegwandert und sich auf das Ergebnis und dessen mögliche Konsequenzen richtet.
Statt zu fühlen, wie sich das Pferd unter uns bewegt, denken wir darüber nach, was die Richter denken, ob wir die Erwartungen des Trainers erfüllen oder was ein Fehler für unseren Ruf bedeuten würde.
Dieses „zu viel Wollen“ führt zu einer körperlichen und mentalen Anspannung. Die Muskeln machen fest, die Atmung wird flach, und die feinen Hilfen, die unser Sport erfordert, werden grob oder kommen gar nicht mehr durch.
Die Verbindung zum Pferd, unserem Partner, ist gestört.
Die Falle des Perfektionismus: Wenn Wollen zur Blockade wird
Dieses Phänomen ist untrennbar mit Perfektionismus verbunden. Es ist wichtig, zwischen dem gesunden Streben nach Perfektion und dem lähmenden, fehlervermeidenden Perfektionismus zu unterscheiden.
Letzterer flüstert uns ein, dass jeder einzelne Fehler eine Katastrophe ist und unseren gesamten Wert als Reiter infrage stellt.
Er führt dazu, dass wir versuchen, durch maximale Kontrolle und Willensanstrengung ein perfektes Ergebnis zu erzwingen – ein Teufelskreis aus Kontrolle, Druck und Angst.
➡️ Dieses Thema ist so zentral, dass ich ihm einen eigenen Artikel gewidmet habe. Wenn du tiefer in die Psychologie dahinter eintauchen möchtest, findest du hier mehr dazu: Warum Perfektionismus nicht nur Kopfsache ist.
Vom Wollen zum Lassen: Der Weg zu wahrer mentaler Souveränität
Die Lösung liegt nicht darin, den Willen weiter zu stählen oder noch mehr „mentale Stärke“ aufzubauen. Die Lösung liegt in der Entwicklung mentaler Souveränität.
Diese basiert auf einer Fähigkeit, die unserer leistungsorientierten Gesellschaft fast fremd geworden ist: der Fähigkeit des Lassens.
- Gedanken ziehen lassen: Anstatt zu versuchen, störende Gedanken zu bekämpfen (was ihnen nur mehr Energie gibt), lernen wir, sie zu analysieren, umzuformulieren und zu steuern. Und dazu gehört auch die Fähigkeit, sie zu „beobachten“ und dann weiterziehen zu lassen – wie Wolken am Himmel.
- Kontrolle loslassen: Anstatt zu versuchen, jeden einzelnen Muskel und jeden Moment zu kontrollieren, lernen wir, dem eigenen Körper und dem Pferd wieder zu vertrauen. Das geht aber nur, wenn wir die gewünschte “Performance” optimal mental trainiert und dann abgespeichert haben, z.B. mit der von mir entwickelten “Drehbuch-Technik”.
- Vertrauen: Wir vertrauen auf die unzähligen Stunden des reiterlichen und mentalen Trainings, in denen die Abläufe längst automatisiert wurden. Dafür braucht es Selbstvertrauen, aber auch Vertrauen in das Pferd und die Partnerschaft. Auch dafür gibt es spezielle mentale Vorgehensweisen, die das fördern.
- Ergebnisse loslassen: Anstatt sich auf das Endergebnis zu fixieren, lernen wir, den Fokus voll und ganz auf den Prozess im Hier und Jetzt zu legen und sich auf die “Prozess-Ziele” zu konzentrieren.
Wahre Bestleistung entsteht nicht aus verbissenem Wollen, sondern aus einem Zustand der gelassenen Konzentration – dem Flow. Dieser Zustand kann nicht erzwungen werden. Aber wir können die inneren Bedingungen schaffen, die ihn ermöglichen.
Mentale Souveränität trainieren: Von Tricks zu nachhaltigen Techniken
Die Fähigkeit zum „Lassen“ ist kein esoterischer Zustand, sondern das Ergebnis von gezieltem Training. Es geht darum, das Nervensystem zu beruhigen und den Fokus zu schulen.
Es geht darum, zu lernen, wie man vom „Kämpfer-Modus“ in den „Flow-Modus“ umschaltet.
Genau hier setzt modernes Mentaltraining an. Es geht nicht um oberflächliche Tricks, sondern um nachhaltige, neurowissenschaftlich fundierte Techniken, die dir helfen, deine innere Balance zu finden:
- Fokus- und Achtsamkeitsübungen
- Techniken zur Emotionsregulation
- Visualisierung
- Embodiment-Methoden, um aus dem Kopf wieder in den Körper zu finden und den Körper zu „entstressen“
- Sporthypnose, um das Unterbewusstsein auf Gelassenheit und Vertrauen zu programmieren
➡️ Der Unterschied zwischen kurzfristigen Tricks und einem fundierten Trainingsansatz ist gewaltig. Mehr dazu liest du hier: Trickst du noch oder trainierst du schon? Vom besseren Umgang mit Leistungsdruck.
Fazit
Hören wir auf, unseren ReiterInnen zu sagen, sie müssten „mental stärker“ werden. Ermutigen wir sie stattdessen, mental souverän und optimal fokussiert zu werden.
Der Weg dorthin führt nicht über mehr Druck und mehr Wollen, sondern über Vertrauen, Gelassenheit und die Kunst des LASSENS. Es ist der Weg, der nicht nur zu besseren Ergebnissen führt, sondern vor allem zu mehr Freude und Harmonie mit unserem Partner Pferd.
Wenn du lernen möchtest, wie du vom Wollen ins Lassen kommst und wie du deine ganz persönliche mentale Souveränität im Sattel entwickeln kannst, dann lass uns sprechen. In einem unverbindlichen Gespräch können wir herausfinden, wie ich dich auf diesem Weg begleiten kann.
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