3.6.2025 – Ein aufregendes Reitsportwochenende liegt hinter uns!

Die Pferd International in München-Riem und das traditionsreiche Hamburger Derby haben uns nicht nur sportliche Höchstleistungen, sondern auch beeindruckende Beispiele mentaler Fähigkeiten und Flexibilität geliefert. Als Mentalcoach für Reiter war es für mich besonders spannend zu beobachten, wie absolute Top-Athleten mit unerwarteten Herausforderungen umgehen. Denn eines ist klar: Neben Talent und Training ist es oft der Kopf, der über eine gelungene Präsentation oder einen souveränen Ritt entscheidet. Schauen wir uns zwei herausragende Beispiele genauer an und was wir alle daraus für unser eigenes Reiten mitnehmen können.

Fallstudie 1: Jessica von Bredow-Werndl – Souveränität im Unbekannten beim Dressur-Derby mit Pferdewechsel

Das Dressur-Derby mit Pferdewechsel auf der Pferd International stellt eine besondere mentale Anforderung dar und verlangt ein hohes Maß an Flexibilität sowie schnelle Anpassungsfähigkeit. Reiterinnen und Reiter bekommen nur wenige Minuten Zeit, um sich auf ein ihnen völlig fremdes Pferd einzustellen und dann eine S**-Dressur zu präsentieren. Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl hat hier gezeigt, was mentale Kompetenz bedeutet.

Manch einer mag einwenden, dass eine S**-Prüfung für eine Reiterin ihres Kalibers, die sonst auf Fünf-Sterne-Niveau brilliert, vielleicht eine kleinere Herausforderung darstellt und “es um nicht viel ging”. Doch Fakt ist: Wenn man vor Tausenden von Zuschauern antritt, möchte man sich und sein Können bestmöglich präsentieren und sich keinesfalls blamieren – unabhängig vom formalen Niveau der Prüfung. Der öffentliche Druck und der eigene Anspruch sind immer präsent.

Ihr Vorgehen zeugte von professioneller Einstellung:

  • Systematische Analyse und Beobachtung im Vorfeld: Anstatt sich von der knappen Zeit unter Druck setzen zu lassen, nutzte sie jede Sekunde, um das Pferd genau zu beobachten, seine Reaktionen zu lesen und sich behutsam heranzutasten. Es geht darum, schnell ein Gefühl für den neuen Partner zu entwickeln, seine Stärken zu erkennen und mögliche Knackpunkte zu identifizieren.
  • Fehler? Abhaken, neu fokussieren, weiter! Auch einer Olympiasiegerin können Fehler unterlaufen, wie zum Beispiel ein Verreiten. Entscheidend ist hier nicht der Fehler selbst, sondern die Reaktion darauf. Jessica zeigte eindrucksvoll, wie man einen solchen Moment sofort “abhakt”, den Fokus wiederfindet und souverän weiterreitet. Dieses schnelle Umschalten verhindert, dass ein kleiner Fehler zu einer Kette von Unsicherheiten führt.
  • Positive Nachbetrachtung und Lerneffekt: Besonders bemerkenswert war ihre Aussage im Interview nach einem solchen Missgeschick, sie sei “froh, dass mir das nicht vorher im 5-Sterne Grand Prix passiert ist.” Diese Umdeutung – aus einem Fehler sogar noch etwas Positives zu ziehen und ihn als wertvolle Erfahrung für wichtigere Prüfungen zu sehen – zeugt von einer sehr konstruktiven mentalen Haltung. Es zeigt einen lösungsorientierten Umgang statt Ärger oder Frustration, selbst wenn nicht alles perfekt lief.
  • Jessica von Bredow-Werndls Auftritt war ein gutes Beispiel dafür, wie man Ungewissheit annimmt, sich schnell anpasst und selbst mit Patzern klar kommt, getragen von Professionalität und dem Willen, in jeder Situation das Beste zu geben.
  • Hier geht es zum Video (Bild klicken)

Fallstudie 2: Andre Thieme – Kühlen Kopf bewahren, wenn der Masterplan kippt

Das Hamburger Derby ist bekannt für seine eigenen Gesetze und unvorhersehbaren Wendungen. Andre Thieme, ein erfahrener und erfolgreicher Derby-Reiter, sah sich in diesem Jahr mit einer ganz besonderen mentalen Herausforderung konfrontiert. Er hatte sich, wie jeder Profi, einen genauen Strategieplan für das entscheidende Stechen zurechtgelegt. Doch dann, unmittelbar vor seinem Ritt, die überraschende Nachricht: Sein direkter Konkurrent wurde disqualifiziert.

Andre Thiemes eigene Worte beschreiben die Situation perfekt: “Da war ‘ne Menge los im Kopf.” Verständlich! Der Druck, die Anspannung, die gesamte mentale Vorbereitung – alles schien plötzlich auf den Kopf gestellt. Die Spannung, die ihn vielleicht zu Höchstleistungen angespornt hätte, war mit einem Schlag möglicherweise geringer, was eine ganz neue Art von Herausforderung darstellt.

Doch was tat er?

  • Moment der Sammlung und Informationsbeschaffung: Anstatt sich von der Verwirrung oder dem plötzlichen Druckabfall übermannen zu lassen, fokussierte er sich, fragte nach, um die Situation vollständig zu erfassen.
  • Anpassung des Plans – Mentale Flexibilität pur: Er verwarf nicht einfach alles, sondern passte seinen Plan blitzschnell an die neue Gegebenheit an. Es ging nun nicht mehr darum, ein extrem hohes Risiko einzugehen, sondern den Sieg sicher nach Hause zu reiten. Diese Fähigkeit, einen Plan A loszulassen und einen Plan B (oder C) zu entwickeln und umzusetzen, ist ein Kernmerkmal mentaler Flexibilität.
  • Gelassenheit unter veränderten Vorzeichen: Cool zu bleiben, obwohl die gesamte Dynamik des Wettbewerbs sich gerade gedreht hat, und die Aufgabe trotzdem konzentriert zu Ende zu bringen, zeugt von enormer mentaler Kontrolle und Erfahrung.

Andre Thiemes Reaktion zeigt, dass mentale Fähigkeiten nicht nur bedeuten, großem Druck standzuhalten, sondern auch, mit plötzlichen Veränderungen und unerwarteten “Geschenken” souverän umzugehen und die eigene Leistung abzurufen.

Hier findest du das Video vom Stechen und Interview: (roten Link klicken)

Und hier der Ritt im Umlauf:

Was ist mentale Flexibilität und warum ist sie für Reiter so entscheidend?

Mentale Flexibilität, wie wir sie bei Jessica von Bredow-Werndl und Andre Thieme gesehen haben, ist die Fähigkeit, sich effektiv an neue, veränderte oder unerwartete Situationen anzupassen. Es bedeutet, Denkmuster und Verhaltensweisen flexibel zu variieren, um Ziele zu erreichen, auch wenn der ursprüngliche Plan nicht aufgeht. Für uns Reiter ist das essenziell, denn wir arbeiten mit einem Lebewesen zusammen, und kein Tag, kein Training, kein Turnier ist wie das andere.

Ob es ein plötzlicher Wetterumschwung ist, ein Pferd, das an einem Tag anders reagiert als gewohnt, eine unerwartete Situation auf dem Abreiteplatz oder eben gravierende Änderungen im Wettkampfmodus – mentale Flexibilität erlaubt uns:

  • Ruhig und lösungsorientiert zu bleiben.
  • Negative Gedanken oder Emotionen schneller zu regulieren.
  • Verschiedene Perspektiven einzunehmen.
  • Intuitiv und schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Wenn du tiefer in das Konzept der mentalen Flexibilität eintauchen möchtest, empfehle ich dir auch meinen Grundlagenartikel dazu: [Link zum Blogbeitrag: https://dunja-lang-mentalcoaching.de/mentale-flexibilitat-dein-schlussel-zu-besserem-reiten/]

So trainierst du deine mentale Flexibilität und Souveränität – Tipps für deinen Reiteralltag:

Die gute Nachricht ist: Diese mentalen Fähigkeiten sind trainierbar! Hier sind einige Ansätze:

  1. “Was-wäre-wenn”-Szenarien durchspielen: Visualisiere nicht nur den perfekten Ritt, sondern auch mögliche Störungen oder Fehler und wie du darauf reagieren würdest. Was tust du, wenn dein Pferd vor etwas erschrickt? Was, wenn du eine Lektion verpatzt?
  2. Gewünschte Reaktionen automatisieren für den Ernstfall: Im entscheidenden Moment ist oft zu wenig Zeit für bewusstes Nachdenken. Die gewünschten Reaktionen auf unvorhergesehene Ereignisse sollten idealerweise automatisiert ablaufen. Hierfür können Techniken wie die Sporthypnose oder meine eigens entwickelte Drehbuchtechnik äußerst wirkungsvoll sein. Sie helfen, im Unterbewusstsein neue, konstruktive Reaktionsmuster zu verankern, die dann im Bedarfsfall intuitiv abgerufen werden können.
  3. Bewusst aus der Komfortzone treten: Baue gezielt kleine, neue Herausforderungen in dein Training ein. Reite mal eine andere Linie, verändere die Reihenfolge der Lektionen, reite an einem anderen Ort. Jede gemeisterte neue Situation stärkt dein Vertrauen in deine Anpassungsfähigkeit.
  4. Fokus- und Achtsamkeitsübungen: Lerne, deine Gedanken und Gefühle wahrzunehmen, ohne dich von ihnen überwältigen zu lassen. Kurze Achtsamkeitsübungen können helfen, im Hier und Jetzt zu bleiben. Entwickle Fokus-Routinen, kleine Anker, die dir helfen, dich vor dem Reiten oder in Stresssituationen schnell wieder zu sammeln und deine Aufmerksamkeit bewusst zu lenken.
  5. Fehler als Lernchancen umdeuten: Ärgere dich nicht lange über Fehler, sondern frage dich: Was kann ich daraus lernen? Wie kann ich es beim nächsten Mal besser machen? (Denk an Jessicas positive Umdeutung!) Diese Haltung fördert eine positive Lernspirale.

Fazit: Inspiration von den Besten für dein Reiten

Die Leistungen von Jessica von Bredow-Werndl und Andre Thieme auf der Pferd International und beim Hamburger Derby waren nicht nur sportlich beeindruckend, sondern zeugten vor allem von hoher mentaler Kompetenz und Flexibilität. Sie haben uns gezeigt, dass die Fähigkeit, souverän und anpassungsfähig auf Unvorhergesehenes zu reagieren, einen enormen Unterschied machen kann. Lass dich davon inspirieren! Indem du deine eigenen mentalen Fähigkeiten trainierst, kannst du nicht nur auf Turnieren, sondern in jeder Trainingseinheit gelassener, fokussierter und letztendlich erfolgreicher werden.

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