Warum ein “One-size-fits-all” bei der Turnierroutine nicht nur ineffektiv, sondern sogar kontraproduktiv ist!
“Ich versuche, sie so zu nehmen, wie sie ist…” – dieses Zitat des internationalen Spitzenreiters Richard Vogel ist mehr als nur ein Satz – es ist eine Philosophie. Eine Philosophie, die sich in einer Turnierroutine manifestiert, die für viele Reiterinnen und Reiter sicher sehr ungewöhnlich klingt und vielleicht sogar mit etwas Erstaunen betrachtet wird. Wie genau diese unkonventionelle Herangehensweise aussieht und warum sie so besonders (und erfolgreich!) ist, darauf gehe ich in diesem Artikel noch genauer ein. Und für alle, die es ganz genau sehen wollen: Weiter unten verrate ich auch, wo du bewegte Einblicke (ein Video) dazu findest, die seinen Ansatz noch greifbarer machen.
Diese gelebte Philosophie, dieses tiefe Verständnis für das Individuum Pferd, ist besonders am Turniertag Gold wert – dem Tag, an dem Anspannung und Erwartungen hochkochen und der Unterschied zwischen einer guten und einer herausragenden Leistung oft im Detail liegt. Wir alle kennen das Streben nach dieser einen perfekten Runde, dem Moment, in dem Pferd und Reiter zu einer Einheit verschmelzen. Doch wie oft sabotieren wir uns unbewusst durch Routinen, die weder uns noch unseren Pferden wirklich gerecht werden?
Die Falle der Standard-Routine: Wenn gut gemeint nicht gut gemacht ist
Viele Reiterinnen und deren Trainer greifen auf “Standard-Abreitemethoden” zurück oder haben feste Vorstellungen im Kopf: “Eine halbe Stunde ruhiges, rundes Abreiten, dann ein paar Sprünge – das muss passen.” Doch diese Vorstellungen sind oft nie wirklich hinterfragt worden.
- Was aber, wenn du als Reiter etwas ganz anderes brauchst, um mental fokussiert und körperlich energiegeladen in Deine Zone zu kommen? Vielleicht brauchst du mehr Ruhe, gezielte mentale Übungen oder eine andere Aufwärmdynamik.
- Und noch entscheidender: Was, wenn dein Pferd ganz andere Bedürfnisse signalisiert? Vielleicht braucht es kürzere, intensivere Arbeitsphasen, mehr Pausen, oder eine andere Art der mentalen Einstimmung, um sein volles Potenzial abrufen zu können.
Die Herausforderung potenziert sich, wenn du, wie viele ambitionierte TurnierreiterInnen, mit mehreren Pferden am Start bist. Jedes Pferd ist ein Individuum mit eigenem Charakter, eigenen Vorlieben und spezifischen Bedürfnissen für eine optimale Vorbereitung. Ein “One-size-fits-all”-Ansatz ist hier nicht nur ineffektiv, sondern kann sogar kontraproduktiv sein. Oft sind wir uns unserer eigenen Bedürfnisse und Rituale – und denen unserer Pferde – gar nicht wirklich bewusst und gestalten sie daher auch nicht aktiv. Ein Fehler, der dich die Harmonie, die Bestleistung und den Sieg kosten kann! Der Schlüssel: Eine maßgeschneiderte Startroutine für Pferd UND Reiter
Die Lösung liegt hier, in einer maßgeschneiderten Startroutine, einem fein abgestimmten Plan, der deine mentale und körperliche Energie als Reiter optimal managt UND präzise auf die einzigartigen Besonderheiten Deines Pferdes eingeht. Es geht um das sensible Zusammenspiel, die Synergie, die nur durch bewusste, individuelle Anpassung entsteht.
Die “Zeitlupen-Methode” & die “Aktiv-Wach-Trance”: Werkzeuge für deine individuelle Routine
Aber wie findest du heraus, was wirklich passt? Ein kraftvolles Werkzeug hierfür ist die “Zeitlupen-Methode”, die auch in der Sporthypnose Anwendung findet. Stell dir vor, du gehst deinen gesamten Turnierablauf – von den Vorbereitungen am Morgen bis zum Verlassen des Parcours oder Dressurvierecks– mental in verlangsamter Wahrnehmung durch. Du analysierst das mit den für dich richtigen Analyse-Fragen und checkst damit deine Intuition, dein Bauchgefühl. So können wichtige Details, Störfaktoren, aber auch ungenutzte Potenziale für dich und Dein Pferd sichtbar werden.
Diese tiefgehende Analyse und das mentale Training funktionieren am besten in einem speziellen entspannt-fokussierten Zustand, einer leichten ‘Aktiv-Wach-Trance’. Warum? Weil wir im reinen bewussten Denken oft nicht den vollen Zugang zu den feinen Signalen unserer Intuition, unseres Unbewussten – oder zu dem, was unser Pferd uns subtil mitteilt – finden. Diesen Zustand gezielt zu erreichen und für die Optimierung deiner Routinen zu nutzen, ist auch Teil meiner ‘Drehbuch-Methode’. In meinen Coachings bringe ich Reitern bei, wie sie in diese ‘Aktiv-Wach-Trance’ finden, und wir trainieren gemeinsam, damit unbewusste Muster und Bedürfnisse aufgedeckt und so die wirklich passenden Stellschrauben für eure individuelle Top-Performance gefunden werden können.
Ein Meister der Individualität: Das Beispiel Richard Vogel (und seine vielbeachtete Routine)
Dass dieser individuelle Ansatz pures Gold wert ist, zeigt Richard Vogel mit seiner Philosophie und seinem Handeln auf beeindruckende Weise. Sein Umgang mit seiner sehr speziellen, aber hochtalentierten Stute Call me Jabri ist, wie anfangs erwähnt, ein Paradebeispiel für eine Routine, die von außen betrachtet vielleicht für Erstaunen sorgt, aber für dieses spezielle Paar den Schlüssel zum Erfolg darstellt. Er beschreibt sie als hyperaktiv, mit viel Blut und sehr vorsichtig. Ihre besondere Eigenheit und wie Richard Vogel darauf eingeht? Siehst du im Video.
Richards entscheidender Satz dazu – eben jener aus unserer Überschrift: “Ich versuche, sie so zu nehmen, wie sie ist.” Er zwingt ihr kein starres Schema F auf, sondern passt sein Management und seine Vorbereitung komplett ihren Bedürfnissen an. Das Ergebnis? Ein Pferd, das sich verstanden fühlt, sein enormes Vermögen entfalten kann und auf höchstem Niveau erfolgreich ist.
Was bedeutet das für dich und deine Pferde?
Die Lehre aus Richard Vogels Ansatz ist klar: Es geht nicht darum, deinem Pferd DEINE ideale Routine aufzuzwingen, sondern EURE gemeinsame, optimale Routine zu entwickeln – und das für jedes deiner Pferde individuell.
Nimm Dir die Zeit, Deine aktuellen Rituale bewusst zu analysieren:
- Wo gibt es Raum für mehr Individualität?
- Wo kannst du noch besser auf die Bedürfnisse deines Pferdes – und auch auf deine eigenen – eingehen?
- Welche kleinen Veränderungen könnten eine große Wirkung auf Euer Zusammenspiel und Eure Leistung haben?
Dein Weg zur optimalen Routine
Der Weg zu einer perfekt abgestimmten Routine ist ein Prozess der Beobachtung, des Ausprobierens und des ehrlichen Feedbacks – sowohl von deinem Pferd als auch von dir selbst. Techniken wie die “Zeitlupen-Methode” in ‘Aktiv-Wach-Trance’ können diesen Prozess enorm beschleunigen und vertiefen.
Wenn du Unterstützung dabei suchst, deine individuellen Routinen zu entschlüsseln, zu verstehen und zu optimieren, damit du und deine Pferde als echtes Team zur Bestform auflaufen könnt, dann melde dich gerne. Als Mentalcoach für Reiter helfe ich dir, die passenden Werkzeuge und Strategien zu entwickeln.
Inspiriert wurde dieser Artikel durch ein Interview mit Richard Vogel mit spring-reiter.de. Wer mehr über seine Turnierroutine mit Call me Jabri erfahren möchte und neugierig auf die erwähnten bewegten Einblicke (Video) zu seiner ungewöhnlichen Routine ist, findet das Video hier.
Richard Vogel steht neben seiner Stute Call Me Jabri und ruft seiner Pflegerin Anna zu, wie sie den nächsten Sprung aufbauen soll. Dann schwingt er sich auf die neunjährige Schimmel-Stute, die schon den Vorwärtsgang eingelegt hat und galoppiert direkt Richtung Sprung. In der nächsten Ecke steigt er wieder ab, lässt die Zügel los und beiden stehen tiefenentspannt am Rand. Das ganze wiederholt sich immer wieder.
spring-reiter.de hat Richard Vogel nach seinem Ritt gefragt, warum er die Stute so speziell abreitet und welcher Plan dahinter steckt. Er sagt: „Ich habe eigentlich keinen Plan. Sie ist ein sehr spezielles Pferd. Ich versuche, sie so zu nehmen, wie sie ist. Zu Hause können wir sie ganz normal reiten. Hier auf dem Turnier ist es ihr aber lieber, wenn ich neben ihr stehe und nicht auf ihr sitze.”
Quelle: Spring-reiter.de
Fragen? Du willst wissen, wie ich Dir weiterhelfen kann?
Vereinbare HIER dein kostenfreies Strategiegespräch!